
Wo kann ich meinen Hund hinbringen, um seinen Zuchtwert schätzen zu lassen?, oder welcher Zuchtwert
ist
besser, über 100 oder unter 100?. So lauten die Fragen zur Zuchtwertschätzung HD, die immer wieder
an die
Hauptgeschäftsstelle gestellt werden.
Wir haben deshalb noch einmal die häufigsten Fragen zusammengestellt und von Herrn Dr. Beuing, dem
wissenschaftlichen Leiter des Projekts, für Sie beantworten lassen:
Eine Formel gibt es in diesem Rechenverfahren nicht direkt. Der Zuchtwert jedes Tieres wird zu
Beginn
der Berechnung als Unbekannte angesehen. Dann wird für jedes Tier eine Gleichung aufgestellt, in der
Form: HD = Rassenmittel + Zuchtwert dieses Tieres + Verfälschung des Geschlechtes + sonstige
Wirkungen.
In dieser Gleichung sind Rassemittel, Zuchtwert und Geschlechtseffekt als Ursache für HD formuliert.
Im
SV werden so für 450.000 Tiere 450.000 Gleichungen aufgestellt mit den 450.000 unbekannten
Zuchtwerten.
Mathematisch werden dann einige Zusatzbedingungen über Vererbungsgesetze und Erblichkeit formuliert.
Der
Computer muss anschließend die 450.000 Gleichungen mit den 450.000 Unbekannten lösen. Die Lösungen
sind
dann die geschätzten Zuchtwerte. Eine Formel, in der für einen Hund separat der Zuchtwert berechnet
wird,
gibt es somit nicht.
Der eigene HD-Grad modifiziert das, was man über die Linie (Vater und Mutter) schon wusste.
Geschwister
(gleicher Vater und gleiche Mutter) unterscheiden sich durch einen evtl. unterschiedlichen HD-Grad.
Wenn
ein Tier Nachkommen hat, tritt der eigene HD-Grad mehr und mehr in den Hintergrund. Bei 30 - 40
Nachkommen
spielt er praktisch keine Rolle mehr.
Ausländische Hunde mit "a" werden im Rechenverfahren derzeit so gewertet, als wären sie nicht
geröntgt.
Ihr Zuchtwert ergibt sich nur aus den untersuchten Verwandten. Da die Tiere nicht eindeutig als
"frei"
oder "noch zugelassen" einstufbar sind, wäre eine Annahme im Einzelfall ungerecht.
In dem Gleichungssystem (s.a. Antwort auf Frage 1) gibt es eine Nebenbedingung, dass der Vater (und
die Mutter)
die Hälfte seiner Erbanlagen an die Nachkommen weitergibt. Daher ist der Zuchtwert der Nachkommen
auch schätzbar,
wenn man über das Tier nichts weiß (ungeröntgt), solange der Zuchtwert von Vater und Mutter bekannt
ist.
Genauso ist auch ein Elterntier schätzbar, wenn man Nachkommen kennt, denn Nachkommen haben die
Hälfte
der Erbanlagen von den Eltern. Geschwister helfen einerseits die Eltern zu charakterisieren, das
Wissen
über die Zuchtwerte der Eltern hilft andererseits, die Zuchtwerte der ungeprüften Geschwister zu
schätzen.
Bei der Zuchtwertschätzung kommt es nicht auf den Prozentsatz der Welpen an, sondern auf die absolute Zahl.
Der Bundessieger 2019, Willy vom Kuckucksland, hatte zum Zeitpunkt der BSZ zum Beispiel 368 geröntgte Nachkommen
die seine Vererbung sehr gut charakterisieren.
Wenn die Hündin gut vererbte, muss das ihr Zuchtwert ausweisen. Gute Nachzucht kann jedoch auch aus
guten
Anpaarungen resultieren. Wenn die Hündin z. B. mit einem Rüden von 100 angepaart wird, steigt das
Risiko
für die Welpen. Die Hündin wird nur belastet, wenn die Welpen schlechter werden, als es mit dem
Rüden zu
erwarten war.
Generell gilt, dass Rüdenbesitzer gut beraten sind, wenn sie auch “schlechte“ Hündinnen akzeptieren,
denn
an schlechten Hündinnen kann ein Rüde am besten zeigen, dass er verbessert.
Bei HD, wo es freier als frei nicht gibt, ist es schwer, an Spitzenhündinnen eine positive Vererbung
nachzuweisen.
Derzeit sind ungeröntgte Tiere "neutral" für die Zuchtwertschätzung, sie werden nicht beachtet.
Der Zuchtwert 100 bedeutet, dass das Tier rassetypisch vererbt. Derzeit liegt der Rassedurchschnitt
bei
1,71, also zwischen HD-frei und leichter HD. Die Vererbung kann besser oder schlechter als 100 sein.
Die
durchschnittliche Abweichung nach oben und unten wird im Mittel auf 10 Punkte eingestellt.
Der Zuchtwert über 100 für den eigenen Hund bedeutet, dass er verschlechternd vererbt. Da selbst der
Rassedurchschnitt noch unbefriedigend ist, sollten Paarungen angestrebt werden, die unter 100
liegen.
Dabei darf "das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden". Die erste Priorität hat Leistung,
Wesen
usw. Wenn man einen Deckrüden findet, der die Welpenerwartung (Durchschnitt von Rüde und Hündin)
unter
100 drückt, ist das ausreichend.
Ein Zuchtwert unter 100 bedeutet, dass man in der Wahl wesensfester, leistungsstarker und
exterieurmäßig
guter Rüden viele Freiräume hat, selbst wenn deren Zuchtwert über 100 liegt. Bei einer 83er Hündin
kann
selbst ein Rüde mit 117 akzeptiert werden!
Eine Zuchtwertschätzung kann auch für andere Merkmale vorgenommen werden. Wichtig ist dabei, dass
das
Merkmal genau definiert ist. Als nächstes ist angedacht, die Größenvererbung zu beschreiben. Diese
Zuchtwerte wären dann rein informativ für die Planung des Züchters. Auflagen dazu wird es nicht
geben.
Dr. Reiner Beuing
Universität Gießen